Verfasst von Martin Esche

03. Juni 2023

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Wie kann man mit einer Wärmepumpe kühlen?

Wärmepumpen können heizen und kühlen. Das hat sich herumgesprochen und wird auf vielen glänzenden Prospekten so beworben. Dass für den Kühlbetrieb jedoch manches zu beachten ist, steht häufig allenfalls im Kleingedruckten. Im Folgenden möchten wir uns etwas genauer mit dem Thema beschäftigen.

Warum kühlen

Über 90 % der Amerikaner, aber – nach einer Umfrage der Innofact AG in 2023 – nur 13 % der Deutschen besitzen eine Klimaanlage. Der überwiegende Teil deutscher Klimaanlagen sind günstige Monoblockgeräte mit Abluftschlauch. Ist der Deutsche also wärmeunempfindlicher als Menschen aus anderen Ländern?

Wohl eher nein. Über 16 % der Befragten gaben an, dass sie sich demnächst eine Klimatisierung anschaffen möchten, und besonders Mieter beklagen, dass die Installation einer Klimaanlage verboten oder technisch kaum möglich ist.


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Es gibt gute Gründe, die für Kühlung sprechen. Da wäre zunächst einmal die Gesundheit. Zahlreiche Studien zeigen nicht nur, dass hohe Temperaturen zu einer erhöhten Belastung des Gesundheitssystems führen, sondern können auch einen systematischen Zusammenhang zwischen Hitzeereignissen und einem erhöhten Mortalitätsgeschehen belegen. Untersuchungen gehen davon aus, dass durch den Klimawandel auch in Deutschland vermehrt mit extremen Hitzeereignissen mit teilweise drastischen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit gerechnet werden muss.


Aber so drastisch müssen die Auswirkungen gar nicht sein, um eine Klimatisierung zu rechtfertigen. Nach Erkenntnissen der Technischen Universität Dänemark lässt ein Anstieg der Raumtemperatur um 1° C oberhalb von 22° C die geistige Leistungsfähigkeit fast linear um ca. 4 % absinken.

    Viel Gefühl

    Ob sich ein Mensch wohlfühlt oder ihm zu heiß oder zu kalt ist, hängt von vielen Faktoren ab. Nicht zuletzt ist jeder Mensch verschieden und empfindet Hitze und Kälte unterschiedlich. Der Bereich, in dem Menschen die Umgebungstemperatur als behaglich empfinden, ist aber relativ schmal. „Nackt beträgt sie etwa 28 Grad, mit Standardkleidung dagegen – einem Anzug etwa – rund 21“, sagt Hanns-Christian Gunga, Physiologe am Zentrum für Weltraummedizin der Berliner Charité. „Kritisch wird es vor allem, wenn die Außentemperatur auch nachts nicht unter 20 Grad abfällt. Das Herz muss dann rund um die Uhr auf erhöhtem Niveau arbeiten.“ Über 60 % der Deutschen gaben in einer Forsa Umfrage an, bei großer Hitze an Schlafstörungen zu leiden.


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      Warum nicht kühlen

      Klimaanlagen haben in Deutschland einen schlechten Ruf: Sie brummen, erzeugen trockene Luft und Zugluft, sie sind zudem im Betrieb teuer. Tatsächlich lassen sich diese Argumente kaum von der Hand weisen.

      • Inneneinheiten von Klimaanlagen erzeugen eine dauernde Geräuschkulisse. Während moderne Split-Anlagen mit ca. 20db nur noch flüsterlaut sind, können Monoblockgeräte mit 50db einem angeregtem Gespräch gleichkommen.
      • Herkömmliche Klimaanlagen entziehen der Luft bauartbedingt Wasser, die Luft wird also trocken.
      • Der austretende Luftstrom von Innengeräten führt regelmäßig zu Verwirbelungen, die vielfach als Zugluft wahrgenommen werden. Zugluft erhöht nach wissenschaftlichen Studien das Risiko von Erkältungskrankheiten.
      • Anschaffung und Betrieb der Klimaanlagen sind – gerechnet auf die Einsatzstunden – teuer.

      Hinzu kommen fast regelmäßig Bedenken, wie eine Klimaanlage am Haus möglichst wenig sichtbar befestigt werden kann, wie die notwendigen Leitungen unauffällig verlegt und wie die Innengeräte „versteckt“ werden können.

      Lösung Klimadecke

      In hochwertig ausgestatteten Bürogebäuden, Pflegeheimen und Krankenhäusern sind sie längst Standard: Klimadecken. Sie bieten angenehme Temperaturen ohne die genannten Nachteile.

      • Es gibt keine brummenden Inneneinheiten. Die Wärmeübertragung findet geräuschlos über gekühlte Flächen statt.
      • Dem Raum wird kein Wasser entzogen. Trockene Luft ist kein Problem.
      • Es gibt keine Verwirbelungen und keine Zugluft. Die Wärmeübertragung findet überwiegend über Strahlung statt. Wie in einem Schloss im Sommer nehmen die kühlen Wände die Wärmeenergie auf.
      • Ist das Objekt bereits mit einer Deckenheizung ausgestattet, ist die Erweiterung auf den Kühlbetrieb ohne großen Mehraufwand möglich. Die Betriebskosten sind moderat oder – bei passiver Kühlung bzw. Photovoltaik – minimal.

      Bei so vielen Vorteilen: Wo ist der Haken?

      Es gibt keinen. Allerdings ist die Kühldecke nichts für Liebhaber eisiger Kälte im Raum, denn der Klimadecke (also der gekühlten Heizdecke) sind physikalische Grenzen gesetzt.


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      Trockene Theorie

      Ein wesentlicher Faktor beim Kühlen ist die Luftfeuchte. Sie wird in Prozent angegeben und zeigt an, wie gesättigt mit Wasser die Luft ist. Erreicht die Luft 100 %, entsteht Wasserdampf, Nebel oder Wolken. An kalten Flächen kondensiert das Wasser dann und bildet Tau, Niederschlag oder Kondenswasser.


      Auch der Mensch empfindet Feuchtigkeit in der Luft. Fehlt sie – das ist (bei Raumtemperatur) bei Werten unter 40 % der Fall – kratzt es im Hals, die Luft fühlt sich zu trocken an. Ist die Luftfeuchtigkeit ungewöhnlich hoch – etwa 80 oder 90 % - wird die Luft als schwül empfunden. Diese Empfindsamkeit gegenüber feuchter Luft nimmt allerdings mit sinkender Temperatur stark ab. Unterhalb von 27° C wird ein erhöhter Feuchtigkeitsgehalt der Luft kaum noch als störend wahrgenommen.

      Das ist auch der Grund, warum der Humidex, eine Rechenformel für das Hitzeempfinden gegenüber feuchter Luft, erst ab 27° C berechnet wird.


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      Auch der deckengekühlte Raum ist von der Tatsache betroffen, dass kältere Luft weniger Wasser aufnehmen kann. Ohne zusätzliche Entfeuchtung kommt daher eine Kühlfläche an der Decke manchmal schon bei Abkühlung um 5° C an die Taupunktgrenze. Unter diese Grenze darf nicht gekühlt werden, da sonst die Kühlflächen feucht werden.

      Abhilfe können hier zusätzliche Entfeuchtungseinheiten („Dehumidifier“) bringen. Mit solchen Geräten kann der Taupunkt um einige Grad gesenkt werden.

      In der Praxis

      Deckenkühlung funktioniert in der Praxis sehr gut und wird von den allermeisten Nutzern hoch gelobt. Die angenehme Kühle der Decke macht es wett, dass die Absenkung der Innentemperatur bisweilen nur bis 22 oder 23° C geht. Wird rechtzeitig mit der Kühlung begonnen, sind mit einer Deckenkühlung gleichmäßig angenehme Temperaturen auch in großer Hitze machbar.


      Am Rande bemerkt: Die Deckenkühlung ist auch der Fußbodenkühlung weit überlegen. Nicht nur, dass der Boden sich unangenehm kühl anfühlen kann, wenn eine hohe Kühlleistung abgerufen wird. Auch die Gefahr der Feuchtigkeitsbildung auf dem Fußboden (Rutschgefahr) und die Auswirkungen auf empfindliche Bodenbeläge wie Parkett sind bei der Fußbodenkühlung problematisch.

        Aktiv oder passiv

        Besonders energieeffizient ist die passive Kühlung. Sie bezieht ihre Kälte aus kalter Sole der Erdgeothermie oder kaltem Wasser aus Brunnen. Außer Stromkosten für die Umwälzpumpe fallen keine weiteren Kosten an, denn die Wärmepumpe bleibt bei diesem System außen vor.


        Das passive System bietet einen weiteren wichtigen Vorteil: Wird der Boden im Sommer durch die passive Kühlung erwärmt, steht im Heizbetrieb im Winter mehr nutzbare Energie zur Verfügung, die Effizienz der Wärmepumpe steigt. Dies ist besonders wichtig, wenn Geothermiebohrungen nahe beieinander liegen, denn ohne Rückerwärmung im Sommer kann hier der Boden so kalt werden, dass die Wärmepumpennutzung unmöglich wird.


        brunnen

        Da Sole bzw. Brunnenwasser im Sommer ca. 12 bis 14° C warm ist, ist die Kühlwirkung begrenzt. Mit längerer Einsatzdauer nimmt sie außerdem ab. Dennoch ist die passive Kühlung empfehlenswert, wo immer sie möglich ist.


        Bei aktiver Kühlung hilft die Wärmepumpe, das umlaufende Wasser des Heizsystems kalt zu machen. Dabei kann es sich um eine Luft-Wasser-Wärmepumpe oder auch um Sole-Wasser oder Wasser-Wasser-Wärmepumpen handeln. Luft-Wasser-Wärmepumpen haben die Umschaltung zum Kühlbetrieb regelmäßig bereits implementiert, denn sie nutzen diese Umschaltung bereits zur Enteisung vereister Wärmetauscher. Sole-Wasser und Wasser-Wasser-Wärmepumpen sind nur unter besonderen Umständen kühlfähig. Hier kommt es darauf an, ob die Bohrungen und Verrohrungen für den Kühlbetrieb geeignet sind.

          Leistung

          Wärmepumpen haben im Kühlbetrieb eine ähnliche Leistung wie im Heizbetrieb. Theoretisch könnte eine 10 Kw Wärmepumpe also auch 10 Kw Kälte abgeben. Durch die Taupunktbegrenzung der Deckenplatten wird die Kühlleistung jedoch begrenzt und eine solch hohe Leistung wird kaum abgerufen. Die Anlage läuft dann im Teillastbetrieb, eine Betriebsart, die besonders im Kühlfall effizient ist.


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          Allerdings sollte die Kühlleistung auch nicht zu niedrig sein. Ohne entsprechende Maßnahmen kommt es dann zur „Taktung“, einem häufigen und ineffizienten Ein- und Ausschalten der Wärmepumpe. Für den Heizbetrieb kann übermäßige Taktung durch entsprechend dimensionierte Pufferspeicher unterbunden werden. Geht das zur Kühlung auch?

          Im Prinzip ja. Allerdings muss der Pufferspeicher für Kaltwasser geeignet sein. Die Warmwasserversorgung darf selbstverständlich nicht im Pufferspeicher integriert sein.

            Gute Freunde

            Photovoltaik und aktive Kühlung sind ausgesprochen gute Freunde. Denn Kühlung wird besonders dann gebraucht, wenn die Photovoltaik maximale Leistung bringt. Schon mit mittelgroßen PV Anlagen kann der Kühlbedarf eines Wohnhauses vollständig gedeckt werden.

            Wenn es auch nachts draußen nicht mehr kühl wird, hilft ein ausreichend großer Pufferspeicher. Mit ihm können Zeiten überbrückt werden, in denen die PV-Anlage nicht liefern kann.


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              Alles geregelt

              Aktive Kühlung muss geregelt werden. Das fängt bei der Wärmepumpe an, die ein entsprechendes Regelungsprogramm fahren muss. Nicht alle Wärmepumpenhersteller liefern ein solches Programm gratis mit, manche (ältere) Wärmepumpen sind softwaremäßig gar nicht geeignet. Sollen neben den gekühlten Deckenpaneelen noch Dehumidifier (Trockner) oder Konvektoren verwendet werden, ist ein Mischer mit entsprechender Regelung notwendig.


              Auch auf die Heizkreisregelung muss ein Auge geworfen werden, denn Regelungen für die Wärme arbeiten gegensätzlich zu Kältereglern.

              Mindestens ebenso wichtig ist die Taupunktregelung. Nur eine gut funktionierende, zuverlässige Taupunktregelung holt die maximale Leistung aus der Deckenkühlung und verhindert Feuchtigkeit oder gar Schimmel.

                Darf´s noch etwas kälter sein?

                Für Liebhaber besonders kalter Räumlichkeiten bietet sich eine weitere Möglichkeit an. Wer es beispielsweise im häuslichen Büro besonders kühl haben möchte, kann sich einen Konvektor installieren lassen. Urlauber kennen solche Geräte aus den Hotels wärmerer Länder. Es handelt sich um flache Wärmetauscher mit Gebläse und einem Kondenswasserauslauf. Im Winter kann ein Konvektor auch als wirksamer Heizkörper dienen.


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                Der Konvektor kann weit unter Taupunkttemperatur (Wärmepumpen können bis zu 7° C kaltes Wasser liefern) betrieben werden, denn er führt das entstehende Kondenswasser ab. Dies allerdings geht auf Kosten der bekannten Vorzüge der Deckenkühlung: Er macht Geräusche, Luftwirbel und die Luft wird trocken.

                  Sorgfalt

                  Kühlung mit oder ohne Wärmepumpe bedarf einer sorgfältigen Planung. Ebenso wichtig ist aber die sorgfältige Bauausführung. Denn bei der Kühlung kommt es darauf an, kein Tauwasser entstehen zu lassen.

                  Rohre müssen sorgfältig und diffusionsdicht isoliert werden, Ventile, Pumpen und andere Elemente müssen mit einer Dämmschale versehen werden, Anschlüsse müssen sorgsam auf offene Stellen geprüft werden. Am besten überlässt man das Fachleuten mit viel Erfahrung.

                    Also?

                    Kühlung wird immer wichtiger und kann Leben retten.

                    Kühlung über Deckenpaneele ist der Königsweg behutsamer Wohlfühl-Klimatisierung, ist aber nichts für die schnelle Kühlung auf frostige Temperaturen.

                    Passive Kühlung ist super, kommt aber nur für Geothermie infrage. Aktive Kühlung ist mit (fast) allen Wärmepumpen möglich, muss aber gut geplant und ausgeführt sein.

                    Wer es noch kälter haben möchte, muss auf Konvektoren oder Dehumidifier zurückgreifen.

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